Kritikgespräch führen: So übst du Kritik [mit Beispielen]

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Klar, das Kritikgespräch ist keine freudige Angelegenheit. Weder für dich als Führungskraft noch für deinen Mitarbeiter.

Dabei ist Kritik – wenn sie denn richtig kommuniziert wird – in bestimmten Situationen nicht nur unerlässlich. Es ist auch eine Chance, die Beziehung zwischen deinem Mitarbeiter und dir zu stärken.

Mit einem Kritikgespräch gibst du deinem Mitarbeiter außerdem die Möglichkeit, seine Leistung zu verbessern oder sein Verhalten zu verändern.

Wie du erfolgreich und konstruktiv Kritik übst, liest du hier.

Was ist der Unterschied zwischen Kritik und Feedback?

Die Grenze zwischen Kritik und Feedback verläuft fließend. Dennoch gibt es ein paar Unterschiede:

Feedback ist generell „weicher“ als Kritik.

Wenn du als Führungskraft Feedback gibst, vermittelst du dem Mitarbeiter, was deiner Meinung nach besser hätte laufen können. Zum Beispiel ist dir aufgefallen, dass dein Mitarbeiter beim letzten Meeting nicht dabei gewesen ist. Daraufhin sagst du:

Mir ist aufgefallen, dass Du bei den letzten Meetings nicht dabei warst. Ich finde es jedoch wichtig, dass Du dabei bist, da ich Deine Beiträge schätze. Ist es Dir möglich, Deinen Termin so einzurichten, dass Du teilnehmen kannst? Können wir uns darauf einigen?“

Dahingegen gibt Kritik eine klare Linie vor.

Wenn du Kritik übst, machst du deutlich:
Das Verhalten des Mitarbeiters ist nicht akzeptabel – er muss es ändern oder andernfalls mit Konsequenzen rechnen.

Zum Beispiel sagst du:

Mir ist aufgefallen, dass Du bei den letzten Meetings nicht dabei warst. Was denkst Du, wie finden Deine Kollegen dieses Verhalten? Ich erwarte, dass Du bei dem nächsten Meeting dabei bist.”

Klar, das ist nur eine stark gekürzte Version.

In einem richtigen Kritikgespräch gibst du auch viel Feedback.

Die “klare Linie” kommt dann erst zum Ende des Gesprächs.

Wann solltest du ein Kritikgespräch führen?

Als Führungskraft trägst du einen Teil der Verantwortung für die Leistung und das Verhalten deiner Mitarbeiter.

Es ist deine Aufgabe, dass du Mitarbeiter auf Fehler oder schlechtes Verhalten aufmerksam machst und so eine positive Veränderung bewirkst.

Ein Kritikgespräch solltest du dann in Erwägung ziehen, wenn…

  1. …bei deinem Mitarbeiter ein erhebliches Leistungsproblem vorliegt.
  2. …er sich zum wiederholten Male negativ verhalten hat.
  3. …ein einmaliges massives Fehlverhalten zu beanstanden ist.

Denk’ dran:

Ein Mitarbeiter hat Recht auf Kritik, wenn etwas nicht so läuft, wie es sein sollte.

Schiebe Kritik auch deshalb nicht auf – sie sollte sehr zeitnah erfolgen.

Die Vorbereitung auf das Kritikgespräch

Wenn du meinen Guide für Mitarbeitergespräche gelesen hast, weißt du, dass eine gute Vorbereitung auf das Mitarbeitergespräch unerlässlich ist.

So ist es auch mit dem Kritikgespräch.

Deine Vorbereitung besteht aus drei Säulen:

vorbereitung kritikgespräch, infografik

Vor einem Kritikgespräch ist es dabei besonders wichtig, dass du dich inhaltlich und mental gut vorbereitest.

Drei entscheidende Fragen solltest du dir vor jedem Kritikgespräch stellen:

  • Welcher Kritiktyp bin ich? Harmonietyp oder Dominanttyp? Welche Stärken und Schwächen bringt das mit sich?
  • Welches Ziel verfolge ich auf der rationalen Kopfebene? Welche Einsichten soll mein Mitarbeiter haben?
  • Mit welchen Gefühlen soll mein Mitarbeiter den Raum verlassen? Wie schaffe ich es, dass ich meinen Mitarbeiter motiviere, anstatt ihn zu frustrieren?

Formuliere deine Gesprächsziele sowie deine Gesprächsstrategie am besten vorher und schriftlich.

Bei der Vorbereitung unterstützt dich mein Leitfaden:

So führst du ein motivierendes Kritikgespräch

Beachte:

Kritik zu üben heißt nicht, eine Moralpredigt zu halten.

Stattdessen ist das Kritikgepräch ein Instrument, mit dem du deinen Mitarbeiter erreichst und zu einer Verhaltensänderung motivierst.

Deshalb ist es wichtig, das Gespräch unter vier Augen und ohne Zeitdruck zu führen.

Die Gesprächseröffnung

Direkt zu Beginn des Gesprächs werden die ersten Weichen gestellt:
Motivation oder Frustration?

Hier entscheidet sich, in welchem Klima das Gespräch stattfindet. Und du bestimmst, wohin die Reise geht…

Starte deshalb mit einer wertschätzenden Begrüßung. Dafür reicht oft schon ein Händedruck, Blickkontakt und ein kurzes Danke für das Erscheinen des Mitarbeiters.

Beim Thema Wertschätzung spielt auch die Vorbereitung des Raumes eine große Rolle.

Gibt es keine Getränke oder setzt ihr euch in einen halböffentlichen Raum, zeugt das garantiert von fehlender Wertschätzung.

Komm nach der freundlichen Begrüßung schnell zur Sache, also zum Kern des Gesprächs – und das am besten in Form einer Ich-Botschaft:

„Ich habe Dich eingeladen, um mit Dir noch einmal über den Vorfall von vorgestern zu sprechen, Markus.“

Der Gesprächsverlauf

Jetzt kommt die zweite wesentliche Weichenstellung:
Wie kommunizierst du deine Kritik? Und wie kommt die Kritik bei deinem Mitarbeiter an?

Ein großer Fehler, den Führungskräfte machen, ist dem Mitarbeiter eine Moralpredigt zu halten. Diese „Einbahnstraßen-Kommunikation“ führt in eigentlich allen Fällen zu verhärteten Fronten.

Ein Austausch auf Augenhöhe zu dem eigentlichen Sachverhalt ist dann nicht mehr möglich. Stattdessen ruft eine solche Attacke in deinem Mitarbeiter je nach Charakter Schuldbewusstsein, Ablehnung, Trotz oder Aggression hervor

So übst du Kritik richtig

Erläutere den Sachverhalt zuerst aus deiner Sichtweise. Schildere die Ereignisse sachlich, vorwurfsfrei und knapp.

Dann folgt ein wichtiger Schritt: Die Rückkoppelung deiner Sichtweise durch den Mitarbeiter:

„Jetzt weißt Du, wie sich die Sache für mich darstellt. Wie siehst Du das, Markus?“

Übrigens!

Wie bei allen Mitarbeitergesprächen gilt: Behalte die Gesprächsanteile im Blick. Orientiere dich an der „70/30 Regel“:

Nur 30 Prozent des Gesprächs solltest du reden, 70 Prozent dein Mitarbeiter. Das zeugt von Wertschätzung.

So öffnest du stille Mitarbeiter

Ist dein Mitarbeiter eher ruhiger Natur?

Dann kannst du das Gespräch aktiv öffnen, zum Beispiel indem du (je nach Gesprächssituation):

  • zustimmende Signale (Nicken, kurze verbale Zustimmung) sendest.
  • ihn um seine ehrliche Meinung bittest.
  • aufrechtes Interesse an seinen Ausführungen zeigst (Blickkontakt und eine offene Körperhaltung).
  • Verständnis für seine Handlungsweise signalisierst („So, wie Du es mir schilderst, kann es sein, dass ich ähnlich gehandelt hätte.“)
  • offene Frage stellst.
  • ihn auf seine Gefühlslage ansprichst
  • seine Beiträge aufwertend kommentierst: „Das ist ein wichtiger Gesichtspunkt.“ „Das ist eine gute Idee.“ „Das habe ich noch nicht so gesehen.“

So schaffst du Einsicht bei deinem Mitarbeiter

Ein Ziel des Kritikgesprächs sollte immer sein, dass der Mitarbeiter selbst zu einer Einsicht kommt und eigene Lösungsvorschläge macht.

Das gelingt dir am besten, wenn du offene Fragen stellst, und den Mitarbeiter so zu einer Reflexion anregst:

„Wie siehst Du den Sachverhalt heute?“

„Was würdest Du in meiner Position tun?“

„Was schlägst Du für die Zukunft vor? Wie können wir derartige Vorfälle in Zukunft verhindern?“

„Wie wirst Du dich in ähnlichen Fällen zukünftig verhalten?“

Je mehr dein Gesprächspartner reflektiert und erzählt, desto mehr Ansatzpunkte erhältst du für deine abschließende Überzeugungsarbeit.

Doch schieß deine Fragen nicht wie am laufenden Band ab. Stelle deinem Mitarbeiter nur eine Frage und warte dann die Antwort ab. Lerne, Pausen zu ertragen.

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Gesprächsabschluss

Zum Ende des Gesprächs kommt ihr entweder zu einer Vereinbarung oder du ordnest eine Verhaltensänderung an.


Stimmen die Vorschläge deines Mitarbeiters mit deinen Vorstellungen überein, bestätige ihn darin:

„Ich stimme Dir zu, Markus. Das halte ich für die richtige Vorgehensweise. So machen wir es.“

Triff dann eine moralische Vereinbarung mit ihm, zum Beispiel indem du fragst:

„Kann ich mich also in Zukunft darauf verlassen?“

Wenn er jetzt „Ja“ sagt, hat das für deinen Mitarbeiter eine deutlich höhere moralische Bindung, als wenn du ihm deinen Vorschlag „aufzwingst“.

In diesem Beispiel seid ihr gemeinsam zu einer Lösung gekommen – super!


Doch was, wenn sich die Vorschläge deines Mitarbeiters nicht mit deinen Vorstellungen decken?

Versuche dann zuerst, noch weitere Informationen zu sammeln. Vielleicht handelt es sich auch nur um ein Missverständnis.

„Okay, Markus, mit dem Punkt bin ich einverstanden. Doch was meinst Du mit Deiner Äußerung: ‚Es macht keinen Sinn, dass ich meine Zeit damit verschwende’?“

Dadurch erfährst du mehr Details über seine Sichtweise und findest eventuell neue Ansatzpunkte für deine Überzeugungsarbeit.

Kommst du auch durch einen weiteren Austausch nicht weiter, gehe zur freundlichen Anordnung mit Begründung über:

„Markus, nachdem Du es mir erklärt hast, kann ich Deinen Standpunkt sogar in gewisser Weise verstehen. Allerdings ich sehe die Sache (völlig) anders und möchte Dir gerne meinen Standpunkt erläutern…. Ich bitte Dich, Dich in Zukunft danach zu richten.“

Und füge hinzu, in welchen Punkten ihr euch einig seid:

„Ich freue mich, dass wir Zeit für dieses Gespräch gefunden haben und zu einem Ergebnis gekommen sind. Ich denke wir sind uns einig, dass…“


Beende das Gespräch mit einem positiven Ausblick, zum Beispiel indem du optimistisch auf die zukünftige Zusammenarbeit blickst.

Am besten hast du dir den Abschluss bereits vor dem Gespräch überlegt.

Fazit: Kritik ohne persönliche Angriffe und Schnörkel

Fair und effektiv zu kritisieren ist eine echte kommunikative Herausforderung.

Trotz meiner langjährigen Erfahrung als Führungskraft und Coach ertappe ich mich ab und zu selbst dabei, wie ich mein Gegenüber zu sehr auf der persönlichen Ebene kritisiere.

Und das ist schlecht. Denn der Sender ist bekanntermaßen dafür verantwortlich, was beim Empfänger ankommt.

Für dich heißt das zusammengefasst, dass deine Kritik…

  • …klar und deutlich formuliert sein muss,
  • …keine sprachlichen Weichmacher (z.B. eigentlich) enthalten sollte,
  • …nicht das Selbstwertgefühl deines Gesprächspartners angreifen darf,
  • …in gesichtsverträglichen Ich-Botschaften zu formulieren ist,
  • …ehrliche Wertschätzung enthalten muss,
  • …möglichst positiv und zukunftsorientiert formuliert sein sollte,
  • …und somit von deinem Mitarbeiter als unterstützend erlebt werden sollte.

Nur so schaffst du die Rahmenbedingungen für tiefe Einsicht und nachhaltige Verhaltensänderung.

Zwei TOP-Praxis-Tipps habe ich zum Schluss noch für dich:

  • Vereinbare sofort einen neuen Termin, um sich noch einmal auszutauschen und festzustellen ob eine Verbesserung eingetreten ist.
  • Hole dir die Erlaubnis für weiteres Feedback (das macht die Sache oft einfacher).

Auch wenn du vielleicht keinen neuen Freund gewinnst:

Ein klärendes Kritikgespräch kann durchaus dazu führen, dass sich die Beziehung zwischen dir und deinem Mitarbeiter merklich verbessert.

Die in diesem Beitrag gewählte männliche Form bezieht sich immer zugleich auf weibliche, männliche und diverse Personen. Auf eine Mehrfachbezeichnung wird in der Regel zugunsten einer besseren Lesbarkeit verzichtet.

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1 Antwort
  1. Andreas Kurt

    …sehr schön…!
    Manchmal könnte ich den ganzen Tag Thema für Thema durchackern und würde gern vieles gleich mal ausprobieren…, aber dann ruft da denn doch immer mal wieder die Arbeit…
    LG

    Andreas

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