Es gibt einen Ort, an dem kundenorientiertes Reklamationsmanagement ganz großgeschrieben wird.
Dort ist man sich darüber bewusst, dass Kund:innen vor allem gute Gefühle kaufen und nur ungern wie Geldzahlmaschinen behandelt werden möchten.
Wie ihr euer Unternehmen zu diesem Ort des begeisternden Reklamationsmanagements macht indem ihr mit Kundenreklamationen gut umgeht, liest du hier.
Die Grundlagen erfolgreichen Reklamationsmanagements
Aufmerksamkeit, Anerkennung und Wertschätzung sind drei der elementarsten Bedürfnisse eines Menschen. Genau hier liegt eure Chance bei Kundenreklamationen.
Kund:innen kommen gerne wieder, wenn diese Bedürfnisse von einem Unternehmen erfüllt werden. Auch dann, wenn es mit der Leistung einmal nicht so gut wie erhofft funktioniert hat.
Übrigens:
Rund ein Viertel aller Kunden ist mit einem Produkt oder einer Dienstleistung unzufrieden und beschwert sich über Mängel – sie reklamieren (die durchschnittliche Reklamationsquote liegt laut Reklamation.com bei 14,6%).
Bei einem solch hohen Anteil ist es wichtig, dass Unternehmen ein gut durchdachtes Reklamationsmanagement haben.
Du kennst es aus eigener Erfahrung als Kund:in: In der Regel ist der Reklamationsprozess mit Ärger und Aufwand verbunden.
Als würde es nicht reichen, dass man sich als Kund:in mit einem fehlerhaften Produkt auseinandersetzen muss, so trifft man in vielen Fällen auch noch auf Kundenberater:innen, die von einem effektiven Reklamationsmanagement noch nie etwas gehört haben.
Die Folge sind fahrlässige Fehler bei der Bearbeitung von Reklamationen. Der oder die Kund:in wird dann endgültig vergrault.
Die 4V-Fehler beim Umgang mit Reklamationen
Viele Reklamationsprozesse laufen für den oder die Kund:in wenig zufriedenstellend ab.
Oft hat er oder sie das Gefühl, völlig ignoriert zu werden. Feste Ansprechpartner:innen gibt es in vielen Unternehmen nicht.
Als Kund:in muss man sich selbst durch das Unternehmen telefonieren, bis endlich jemanden erreicht wird, dem oder der man das Anliegen schildern kann. Dort wird man dann in vielen Fällen lediglich vertröstet und in einigen Fällen sogar noch unfreundlich abgespeist.
Ich garantiere dir: So beschädigt ihr jede Kundenbeziehung.
Ich habe 4 unnötige jedoch typische Fehler im Umgang mit Beschwerden und Reklamationen definiert. Diese gilt es auf jeden Fall zu vermeiden!
- Verzögern
Es gibt keine klaren Regeln, daher wird der Vorgang an Kolleg:innen, Vorgesetzte oder den Lieferanten weitergeleitet. Für Kund:innen bedeutet das unnötige Verzögerung. - Vertrödeln
Der Vorgang bleibt in irgendeiner Instanz liegen, zum Beispiel weil der Prozess nicht richtig dokumentiert und organisiert ist. - Vertuschen/Verantwortung
Die Zuständigkeit wird hin- und hergeschoben. Niemand im Unternehmen übernimmt Verantwortung, bei Kund:innen entsteht der Eindruck, dass der Fehler vertuscht wird. - Vergessen
Der Reklamationsvorgang gerät in Vergessenheit, bis der oder die Kund:in sich genervt wieder meldet. Oft muss sich der oder die Kund:in sogar mehrfach in Erinnerung bringen und nachfragen. Ich selbst habe diese Erfahrung als Kunde schon viel zu oft gemacht.
Egal welcher Fehler im Unternehmen gemacht wird: Eine solche Erfahrung als Kund:in zu machen brennt sich ein – mit dem Unternehmen ist dann für immer Frust und Enttäuschung verbunden. Die Kundenbeziehung ist versaut und nur mit viel Aufwand wieder herzustellen (wenn dies überhaupt möglich ist…).
Wie ihr diese Fehler durch gutes Reklamationsmanagement vermeidet, zeige ich dir gleich.
Bedenke:
Durch klare Kommunikation und ehrliche Verkaufsprozesse können Reklamationen und Beschwerden teilweise vermieden werden. Beschwerden jedoch vollständig vermeiden oder gar ignorieren zu wollen, ist illusorisch und absolut an der Realität vorbeigedacht.
Selbst wenn die allgemeine Kundenzufriedenheit hoch ist, kann es im Einzelfall unzufriedene Käufer:innen geben. Deshalb ist ein gutes Reklamationsmanagement ein MUSS.
Bevor ein:e unzufriedener Kund:in etwas reklamiert, wägt er oder sie ab, ob der mit der Reklamation verbundene Aufwand im Einklang mit der Verbesserung des Produktes oder der Dienstleistung steht.
Wenn Kund:innen wissen, dass ihre Reklamation ernst genommen wird, werden sie ihren Wunsch nach Verbesserung eher äußern. Und das sollte in eurem Unternehmen nicht als Ärgernis wahrgenommen werden, sondern als Chance.
Mehr über erfolgreiches Reklamationsmanagement inklusive praktischer Tipps für dein Team oder Unternehmen hörst du in unserem Führungs-Podcast:
Reklamationsmanagement ist keine Kür
In unserem Podcast
Doppelter Führungs-Espresso!
Reklamation als Chance
Reklamationen lösen bei den meisten Mitarbeiter:innen keine Begeisterungsstürme aus.
Ist sich ein Unternehmen jedoch über das Potenzial reklamierender Kund:innen bewusst, kann sich auch die Einstellung gegenüber einer Reklamation ändern.
Bringt das Unternehmen dem oder der Kund:in im Reklamationsprozess Anerkennung und Wertschätzung entgegen und signalisiert ihm oder ihr eine positive Einstellung, ist der erste Schritt zu Wiedergutmachung bereits erfolgt.
Wird der Mangel dann auch noch beseitigt, so wird der oder die Kund:in in einem Großteil der Fälle sogar zu einem treuen Stammkunden. Folgt die Reaktion innerhalb kürzester Zeit, sogar in fast allen Fälle.
Allgemein ist bekannt:
Die Kosten zur Rückgewinnung unzufriedener Kund:innen sind nur etwa halb so hoch, wie die Kosten für die Gewinnung von Neukund:innen.
In begeisterten Unternehmen ist das Reklamationsmanagement stets darauf bedacht, dem oder der Kund:in positiv gegenüberzustehen.
Doch Kund:innen zu echten Fans des Unternehmens zu machen, ist nicht die einzige Chance beim Reklamationsmanagement. Eine weitere positive Eigenschaft einer Reklamation ist, dass sie eine Art Frühwarnsystem ist:
Durch eine Beschwerde erfährst du rechtzeitig von einem Fehler oder einer Unzulänglichkeit bei einem bestimmten Produkt und hast so die Möglichkeit frühzeitig zu reagieren, bevor aus einer einzelnen Beschwerde vermehrt Beschwerden werden.
Reklamationsmanagement mit System
Ein:e Kund:in fühlt sich bei einer Beschwerde nur dann ernst genommen, wenn er oder sie weiß, dass man ihm oder ihr auch zuhört.
Mit einem kleinen, ausdrücklichen Hinweis, dass jede Reklamation bearbeitet wird, gibt ein Unternehmen seinen Kund:innen zu verstehen, dass es jede Beschwerde ernst nimmt.
Bei einem weltweit agierenden Unternehmen im Dokumenten-Management Bereich habe ich folgendes Reklamationsmanagement kennengelernt:
Ist eine Reklamation nicht innerhalb von 48 Stunden bearbeitet, so wird sie automatisch an die nächsthöhere Führungskraft weitergeleitet. So kann es auch mal vorkommen, dass eine Beschwerde bis zum Geschäftsführer durchdringt.
Diese Regelung hat in dem Unternehmen dazu geführt, dass die Anzahl erfolgreich bearbeiteter Reklamationen binnen sieben Jahren von nur 10 auf 90 Prozent gestiegen ist.
Manchmal höre ich den Einwand, dass ein großzügiges Reklamationsmanagement von Kund:innen ausgenutzt wird. In meiner mehr als 20-jährigen Erfahrung als Führungskraft und Coach habe ich jedoch die Erfahrung gemacht, dass nur ein extrem kleiner Anteil von Kund:innen dreist und überzogen reklamiert, und das unabhängig von der gelebten Reklamationsregelung ist. Hier solltest du dir also keine Sorgen machen.
Stattdessen solltest du deine Mitarbeiter:innen für das Thema sensibilisieren und zu Reklamationsprofis machen.
Mitarbeiter sensibilisieren für ein erfolgreiches Reklamationsmanagement
Wir wissen nun:
Schlimmer als der Fehler oder Mangel, der zu der Reklamation geführt hat, ist eine unprofessionelle Abwicklung des gesamten Prozesses.
Die fachliche Kompetenz des Teammitglieds sorgt dafür, dass der oder reklamierende Kund:in sich verstanden fühlt.
Dabei ist es essenziell, dass Reklamationsprozesse regelmäßig in Trainings geübt und optimiert werden. Das können zum Beispiel spezielle Kommunikationstrainings sein.
Nur so stellt ihr sicher, dass Teammitglieder auch schwierige Reklamationssituationen, zum Beispiel dreiste Forderungen, unberechtigte Ansprüche und freches Verhalten, gut beherrschen.
Eine Herausforderung, die während einer Reklamation häufig auftritt, ist, dass ein:e Mitarbeiter:in die Beschwerde persönlich nimmt – vorwiegend dann, wenn ein:e Kund:in sehr bestimmt oder besonders emotional auftritt.
Ziel ist es, Mitarbeiter:innen dahingehend zu sensibilisieren, Kundenbeschwerden nicht auf sich selbst zu beziehen und professionell zu handeln.
Oft sind es Lücken zwischen der Wahrnehmung eines vermeintlichen Fehlers und des tatsächlichen Ausmaßes dieses Mangels, die zu einer solch emotionalen Reaktion auf Kundenseite führen.
Kläre in solchen Fällen folgende Fragen bereits zu Beginn:
- Wie eindeutig ist das Angebot formuliert?
- Wie hat der oder die Kund:in das Angebot verstanden?
- Welche Erwartungen wurden bei dem oder der Kund:in geweckt?
Das Teammitglied, welches das Anliegen des oder der Kund:in entgegennimmt, mag vielleicht nicht Verursacher:in des Mangels sein. Dennoch steht er oder sie für den oder die Kund:in in diesem Moment repräsentativ für das gesamte Unternehmen.
Dementsprechend trägt er oder sie die Verantwortung für die Bearbeitung der Reklamation und ist Lösungsanbieter.
Im Idealfall gibt es im Unternehmen dazu einen roten Faden für Reklamationsgespräche.
Vor dem Fazit noch ein Tipp bei wiederkehrenden Reklamationssituationen:
Prüft im Team, ob prophylaktische Optionen möglich sind. Das können zum Beispiel Vorabhinweise bei Materialfehlern sein.
Fazit: So werden aus unzufriedenen Käufer:innen begeisterte Kund:innen
Anstatt Reklamationen als Ärgernis zu betrachten, sehe sie als Chance, Kund:innen langfristig zu begeistern und sogar Impulse zur Verbesserung deiner Produkte als positiven Effekt nutzen.
Schaffst du es, neben der Behebung der sachlichen Mängel, dem oder der Kund:in auch auf der emotionalen Ebene zu zeigen, dass dir sein oder ihr Anliegen wichtig ist, so werden aus verärgerten Kund:innen begeisterte Kund:innen.
Und der Ort, an dem kundenorientiertes Reklamationsmanagement ganz großgeschrieben wird, wird dein Unternehmen oder Team sein 😊
Und wenn du noch mehr praktische Tipps rund um Reklamationen, Mitarbeiterführung und Kundenbegeisterung haben möchtest, trage dich hier ein: